Am Freitag von einer Woche war Freitag der Dreizehnte! Ein Tag an dem man besonders auf der Hut sein muss, weil unerwartete Überraschungen geschehen können. Eine weit verbreitete Ansicht. Pro Jahr fallen ein bis drei Dreizehnte auf einen Freitag. In der näheren Vergangenheit waren dies im Jahr 2016 ein Mal im Mai, in 2015 dreimal in Februar, März und November und heuer, zwei Mal in Januar und Oktober. Dass aber der Dreizehnte häufiger auf einem Freitag fallen soll, als auf die übrigen Wochentage ist schwer zu glauben. Es ist aber kein Aberglaube, es ist eine mathematische Realität.
Ich habe es nachgerechnet. Der Dreizehnte fällt wirklich öfter auf einem Freitag als auf die anderen Wochentagen. Allerdings ist die Abweichung vom Durchschnitt (3 Promille!) so gering, dass sie in der Praxis vernachlässigbar ist. Diese Rechenoperationen sind natürlich mit einem elektronischen Rechner durchgeführt. Wer hat heute noch keinen Taschenrechner? Als ich vor siebzig Jahren in der Schule das schriftliche Rechnen mit grossen Zahlen lernte, war weit und breit kein Rechenautomat vorhanden. Voraussetzungen waren die Kenntnis der Additionsregeln und das Einmaleins, welches jedermann auswendig hersagen konnte.
Als Beispiel 317 x 14 =?; sieht einfach aus, ist aber kaum mehr im Kopf zu rechnen. Wir gingen Zeile vor Zeile vor: Zuerst 4×317; dann um eine Spalte verschoben, 1×317; jetzt alles zusammenzählen.
317 x 1
+ 1268
+ 317
= 4438
Die Buchhalter waren die Personen, die sich den ganzen Tag mit dem Rechnen mit grossen Zahlen ihr Brot verdienen mussten. Das folgende Beispiel war für sie keine Seltenheit, im Gegenteil absolute Routine, vollkommener Alltag
4739 x 6052
+ 9478
+ 23695
+28434
= 28680428
Es versteht sich, dass diese Rechenoperationen viele Möglichkeiten für einen Rechenfehler offen halten. Nur schon eine falsche Multiplikation von zwei Zahlen genügt um den Bock zu schiessen. Es gibt eine Methode, um zu prüfen, ob das Resultat der Multiplikation mindestens nicht falsch war.
Die Neunerprobe.
Man bildet vom Multiplikator (4739) die einstellige Quersumme: 4+7+3+9=23=2+3=5. Ebenso vom Multiplikand (6052): 6+0+5+2=13=1+3=4. Nun bildet man von beiden Quersummen das Produkt: 5×4=20=2+0=2. Diese Quersumme 2 muss mit der Quersumme des Produks, dem Ergebnis der Rechnung, 2+8+6+8+0+4+2+8=38=3+8=11=1+1=2, übereinstimmen.
Die Neunerprobe ist ein Verfahren um Rechenfehler zu erkennen. Geht die Probe nicht auf so ist die Berechnung falsch.
Wenn sie aufgeht, so wurde kein Rechenfehler entdeckt. Das Schlussresultat des Rechenprozesses kann trotzdem falsch sein. Ein einfacher Zahlendreher verfälscht das Rechenergebnis, ändert aber nichts an der Quersumme. Das passiert sehr selten, so dass für den täglichen Gebrauch die Aussage gilt: «geht die Neunerprobe auf, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Rechnung als Ganzes richtig ist.» Bei diesem Rechnen mit grossen Zahlen war Hirnarbeit gefragt. Trotz der Anwendung der Neunerprobe war man nicht sicher, ob das Resultat wirklich stimmt. Der Wunsch nach fehlerfreien Rechenapparaten war geboren. Bis ins 17. Jahrhundert lief nicht viel Entwicklungsarbeit auf diesem Gebiet. Auf den Markt kamen die ersten, in Serie hergestellten Rechner, erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert stellte sich ein Gesamtzustand ein, der nach leistungsfähigen Rechenautomaten für grosse komplexe Rechenarbeit verlangte. 1941 baute Konrad Zuse den ersten funktionsfähigen, programmgesteuerten Rechenautomaten. Der Computer war geboren und revolutionierte das Geschäfts- und Privatleben von Grund auf. Computer – Personalcomputer – Smartphones – Roboter. Die intelligenten Maschinen werden immer besser, immer effizienter. Sie machen uns die Hirnarbeit streitig. Was das Rechnen mit grossen Zahlen uns damals an Zeit kostete, ist heute auf eine Sekunde reduziert. Es kommt nur noch darauf an, wie lange wir für die Eingabe der Aufgabe in den Automaten gebrauchen. Die eigentliche Rechenzeit beträgt keine Mikrosekunde. Einmaleins, Neunerprobe, fehlerfreies Addieren war gestern.
Wer heute grosse Zahlen multiplizieren muss, greift fraglos zum elektronischen Taschenrechner. Einmaleins und im Kopf addieren ist nicht mehr gefragt. Damit ist sehr viel Speicherplatz unter unserer Schädeldecke frei geworden. Wie wird der freie Platz heute gebraucht? Wer möchte schon, dass sein Hirn mangels Training eingeht?
Wie die Muskeln, muss auch das Hirn stetig benutzt, sogar trainiert werden. Ansonsten verliert es seine Leistungsfähigkeit, es verkümmert gar. Vor 50 Jahren war es notwendig Telefonnummern, Adressen, Verabredungen, Personennamen und Vieles mehr, stets abrufbereit im Gedächtnis zu haben. Alle diese Funktionen übernimmt heute das Smartphone und noch einiges mehr dazu. Wie wird nun dieser frei gewordene Platz heute benutzt? Wird der überhaupt gebraucht oder lassen wir ihn verkümmern?
. Beim Buchhalter ist das sicher nicht der Fall. Anstelle seiner Rechenleistungen tritt heute die Fähigkeit, den Computer für seine Zwecke einzusetzen. Eine Software für seine Buchhaltung programmieren, muss er neuerdings können. Ein Denkvorgang, sehr dem Erlernen einer neuen Sprache ähnlich. Wo früher Kopfrechnen für Hirntrainig sorgte, ist heute das Beherrschen der gängigen Fremdsprachen getreten. Noch nie waren in Europa so viele Bürger in der Lage in verschiedenen Sprachen miteinander zu dialogisieren wie heute.
Das Einmaleins wurde durch Fremdsprachenvokabeln ersetzt. Hervorragendes Hirnjogging. Fremdsprachenkenntnis ersetzt das Einmaleins.
Damit betreiben wir Hirngymnastik.
Mit Musizieren, zum Beispiel mit Geigenspielen, hält man sein Hirn vorzüglich auf Trab. Und Schachspielen nicht vergessen.
Wir müssen unsere Wettbewerbsvorteile gegen den immer besser werdenden Robotern und Automaten ausspielen. In dem wir vom Auswendiglernen zum Denken in komplexen Systemen umschalten. Die Zukunft verlangt von uns, das Erkennen von Strategien und die Kunst mit ihnen umzugehen Immer wenn eine Gesellschaft sich weiterentwickelt, macht die nachfolgende Generation es anders. Kopfrechnen wird durch programmieren ersetzt. Für die Generation von heute ist Merkfähigkeit, Kreativität und schnelles Denken gefragt. Das gilt für jedes Alter. Daraus folgt eine einfache Erkenntnis: Geistige Leistungsfähigkeit und Intelligenz sind trainierbar. Für das Gehirn heisst das
»Use it, or lose it!«
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