Veränderung

Als ich heute in der S-Bahn nach Zürich fuhr, war mir ums Nichtstun. Im Zug sitzend, den Gedanken nachgehend. Wenn die Aussenwelt vorbeizieht, regt mich das zum Denken an. Diese bewegte Landschaft wirkt äusserst stimulierend auf meinen Denkapparat.
Nur schon seit dem Millennium, geht mir durch den Kopf, hat die Welt sich stark verändert. Die Art zu politisieren hat sich verändert. Das gesellschaftliche Zusammenleben hat sich gewandelt. Veränderungen in der Art wie wir den Alltag gestalten, sind manifest. Die grossen Fortschritte in der Datenverarbeitung und in der Kommunikation sind gewaltig und haben sicher ihren Beitrag dazu geleistet. Ausserdem finden Viele, die Jugend habe sich zum Schlechten verändert. Sehen wir uns diese Veränderungen und ihre Gründe näher an.
Damals in Luzern waren wir drei Freunde, die alle in die Kantonsschule gingen. Teilweise hatten wir denselben Schulweg. Nach Schulschluss wurde viel berichtet, wir hatten viel auszutauschen. So kam es, dass wir am Scheidepunkt der Nachhausewege angekommen, gern und gut noch ein halbe bis eine ganze Stunden zusammenstanden und von Erlebnissen berichteten. Erstaunlich viel hatten wir immer zu vermelden. Der Informationsfluss wollte und wollte nicht abbrechen. Als wir uns, jeder auf seinem letzten Stück des nach Hause Gehens, trennten, war der Redefluss meistens verebbt. Wir hatten kalt und wir hatten Hunger. Bis zum nächsten Tag war das Informationsbedürfnis gestillt.
Der grosse Unterschied zu den Jungen von heute: Wir hatten kein Handy. Damals besassen drei Viertel der Bevölkerung, die älter als 15 Jahre war, kein Telefon. Hier und jetzt in der S-Bahn fällt das besonders auf. Jedermann, ausnahmslos jedermann schaut auf einen Bildschirm. Was machen die denn die ganze Zeit? Meine Enkelin hat mich ins Bild gesetzt. Sie hören Musik. Sie lesen News. Sie gamen [Fachausdruck für „mit elektronischen Spielen die Zeit vertreiben“]. Sie posten [Fachausdruck für „eine elektronische Nachricht absetzen“] ins Facebook oder im Twitter. Kurz sie reden mit Freunden. Per Handy oder per Tablet, statt an der Strassenecke stehend, frierend. Eigentlich kein grosser Unterschied zu damals. Immer noch werden Informationen und wird Tratsch ausgetauscht.
Leute meiner Altersgruppe – die echten Alten – finden das eine schlechte Entwicklung für die Gemeinschaft. Sie reden von Verdummung, von Isolation, von mangelnden persönlichen Kontakt. Gar von Sucht.
Hier fällt mir meine Gymnasialzeit wieder ein. Hulahoop war gross in Mode. Das war 1958. Jede Frau und jeder Mann schwang einen Plastikring um seine Hüfte. Trend und Sucht lagen nahe bei einander. Überall und jederzeit wurde geschwungen. Die Plastikherstellerin BASF war nicht mehr in der Lage, genügend PVC-Rohre zu liefern, damit die Hulahoop-Ringe hergestellt werden konnten. Wenn schon chatten [Fachausdruck für“ elektronische Kommunikation in Echtzeit übers Internet“] eine Sucht sein soll, was war dann Hulahoop?
Für mich liegt die Vermutung nahe, dass heute die Jungen mehr Briefe und Notizen verschicken als wir das damals getan haben. Ist es nicht natürlich, dass sie die Instrumente dazu verwenden, die heute zur Verfügung stehen? Die Segnungen der elektronischen Kommunikationsindustrie: Twitter, Facebook, E-Mail, Skype.
Auch wir hatten damals, 1958, vom „Grossen Einmaleins“ Abschied genommen und den Rechenschieber und die Logarithmentafel zum Rechnen verwendet. War das eine Vereinfachung, eine echte Veränderung!
Egal welche Epoche der Geschichte man untersucht. Es hat immer von Generation zu Generation Veränderungen gegeben. Veränderungen begleiten unser Leben. Versuchen wir Senioren dort doch nicht immer nur das Negative, das Gefährliche zu orten.
Hier ein positives Beispiel zum Valentinstag:
Acht junge Herren besuchten unter der Leitung eines 5-Sterne-Kochs einen ganz speziellen Kochkurs. Es wird ein Valentinsmenü bereitet. Ziel war es, am 14. Februar, am Feste des Heiligen Valentins, dieses Festessen ihren Angebeteten zu servieren. Geht da nicht eine originelle Liebe durch den Magen? Bischof Valentin, der im 3. Jahrhundert nach Christus als Märtyrer starb, wird heute noch für eine gute Heirat angerufen.
Seit es Menschen gibt, gibt es Nachwuchs, eine neue Generation im Entstehen. Diese sucht ihren eigenen Weg. Es war immer der Nachwuchs, welcher die Umwandlung verlangte, die Modifizierung vorantrieb. Wen wundert’s, dass sie damit sehr oft mit den Ältesten im Clinch lagen. Schon Sokrates soll sich über eine Auflösung der Rollenverteilung zwischen Alten und Jungen beklagt haben. Neu scheint das Spannungsfeld der Veränderung zwischen jung und alt, zwischen gestern und morgen, nicht zu sein. Jede neue Generation ist wieder und wieder auf der Suche nach einer neuen Lebensgestaltung. Es scheint ein Teil des Schöpfungsplans zu sein. Die Triebfeder des Fortschritts ist sicher hier zu suchen.
Nehmen wir doch zur Kenntnis, dass das Verhalten der Jugend nur anders ist als zu unserer Zeit. Wesentlich unterscheiden sie sich aber nicht von uns, als wir damals so alt waren, wie sie heute sind.

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3 Gedanken zu „Veränderung“

  1. Ich gebe Dir Recht, lieber Hans, dass es unwesentlich ist ob Tratsch und Klatsch analog oder digital übermittelt wird, ob auf dem Pausenplatz gehänselt wird oder “Cyber gemobbed” wird. Ein paar Unterschiede vermag ich doch auszumachen:

    Das Recht auf Vergessen:

    Unsere Streiche und Dummheiten sind vergessen. Damals war der Satz:”Was kümmert mich mein Geschwätz von Gestern” noch war. Heute kann es Leben zerstören bevor es richtig angefangen hat. Das Internet (und auch Google, Facebook, Instagram, etc.) vergessen nie und nichts. Das vom EuGH geforderte “Recht auf Vergessen” in der Digitalen Welt wird leider eine Illusion bleiben, da es um handfeste wirtschaftliche und geopolitische Interessen geht. Keine unserer Weltmächte kümmert sich um die Rechte eines Individuums, sie wollen für sich nutzen was technisch möglich ist (Siehe auch Streit zwischen Apple und dem FBI). Die heutigen Jugendlichen sind gleich naiv wie wir waren. Sie sind sich der vollen Tragweite ihres Handelns und der digitalen Spuren die sie hinterlassen nicht bewusst oder es ist ihnen einfach egal.
    Hier braucht es ein Umdenken der Jugendlichen, des Staates und der Politik. Empfehlenswerte Leküre: The New Digital Age: Reshaping the Future of People, Nations and Business, von Eric Schmidt (CEO Google) und Jared Cohed (former advisor to the US secretaries of State)

    Disruptive Vorbilder:

    Meine Jugendkollegen kommen fast alle aus dem gleichen Quartier oder Dorf. Erst später mit Kantonsschule und Studium hat sich der Kreis der Freunde erweitert. Ein Grund warum wir uns gut verstanden haben, war sicher der Umstand, dass wir auf einem gleichartigen Erkenntnis- und Erfahrungsschatz zurück greifen konnten und in etwas die gleichen moralischen, sozialen und ethischen Werte vermittelt bekommen haben. Heute gibt es YouTube Stars (oder bei anderen sozialem Medien und Kanälen) die, mit Millionen von Followern, ganze Generationen von Jugendlichen erreichen und teilweise mehr Einfluss haben als es die traditionellen Vorbilder noch zu unserer Zeit hatten (Der sog. Islamische Staat hat dies ja eindrucksvoll vorgeführt).
    Hier noch ein Link zu einem Beitrag (http://www.srf.ch/news/schweiz/app-soll-radikalisierung-verhindern) wie versucht wird mit modernen sozialen Marketingmethoden die Radikalisierung der Jugendlichen zu verhindern.

    Globalisierung der sozialen Vernetzung

    Erinnerst Du Dich noch an die Zeiten wo Brieffreundschaften gepflegt wurden. Meist haben sie diese auch wieder verlaufen, da man sich ja nie gesehen hat und es ewig gedauert hat bis eine Briefantwort wieder da war. Meine Nichte hat Freunde in den sozialen Netzen auf der ganzen Welt und kann mit jedem in Echtzeit überall (auch im Zug) chatten, Skypen oder Videos teilen. So gesehen ist die Welt ein Dorf geworden. Englisch ist die Lingua franca für alle digital Natives geworden. Macht sie dies Weltoffener? Hoffentlich! Der Rechtsrutsch der digitalen Verlierer ist merkbar.

  2. Die Möglichkeiten und der Art und Weise wie heute Gedanken ausgetauscht werden können ist absolut phantastisch. Wir erleben alles in Echtzeit, d.h.zeitverzugslos
    Distanzen und die Zeit haben somit ihre schützende Wirkung verloren, dafür haben wir das “Glück” das Geschehen in Echtzeit zu erleben, gewonnen. Ich begrüsse diese Entwicklung sehr und freue mich tagtäglich von meinen Enkeln/Enkelinen zu erfahren, was sie gerade tun und lassen und was sie bewegt und mit ihnen darüber zu diskutieren. Dies ist ein enormer Gewinn um in der heutige Zeit zu erfahren, was die heranwachsende Generation bewegt.
    Dies ist die eine Seite der Entwicklung. Mich bewegt und interessiert zusätzlich eine andere Entwicklung, die die Welt verändert. Die Kommunikation Mensch/Maschine und Maschine/Maschine. Computer, die durch Algorithmen gesteuert zu einem neuen Gegenüber mutieren, und so mir im täglich Leben helfen, zum Beispiel zeigen wo ich durchfahren soll und was ich “zu tun habe”wenn ich weiss was ich will etc.etc. Eine Maschine, die in der Lage ist, aus einer schier unendlichen Anzahl Informationen gezielt gewisse Informationen heraus zu suchen und mit anderen Informationen so zu kombinieren dass daraus neue Erkenntnisse entstehen, die wir mit unserem begrenzten Hirn und Zeit nicht mehr bewerkstelligen können.
    Diese Maschinen arbeiten für uns und wir gewinnen damit mehr Zeit um uns den kreativen Aktivitäten zuzuwenden. Das angebrochene neue Zeitalter M2M wird uns noch viele ungeahnte Überraschungen bringen. On verra !

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