Ich habe mir fest vorgenommen mutig zu sein. Nicht wehmütig zu sein. Und nicht in Emotionen zu fallen.
Jetzt, am Schreibtisch sitzend, habe ich doch eine Kröte im Hals. Dieser Text wird meine letzte Kolumne sein. Immer habe ich die Tatsache, dass sie eines Tages kommen wird, vor mir hergeschoben. Die Tatsache des letzten Blogs.Mir gehen die Themen aus.
In Wirklichkeit stimmt das nicht. Wie oft bin ich am Anfang des Monats herum getigert. „Was um Himmelswillen soll ich bloss diesen Monat erscheinen lassen? Der Redaktionsschluss steht schon vor der Tür.“ Dann geschah es. Meistens in der Nacht, in schlaflosen Stunden. Die Idee war da! Zwei Wochen später war der Text im Kasten.
Nein!
Es sind nicht die fehlenden Ideen.
Es ist die fehlende Kraft. Sowohl die körperliche Kraft – der Kampf gegen die Schwerkraft. Wie auch die geistige Kraft – die Energie, die für neue Ideen nötig ist, bleibt aus. Beide Kräfte haben in letzter Zeit abgenommen.
Diese Veränderung hat eine eigene Macht. Eine versteckte Dynamik, die uns packt, ohne dass wir sie im Augenblick wahrnehmen. Unvermittelt und ungefragt. Nach einiger Zeit zeigt sie ihr wahres Gesicht. Überzeugend und echt und unverstellt.
Ich mag keine datierten Abliefertermine mehr. Ich mag es nicht mehr, von der Zeit unter Druck gesetzt zu werden. Logischerweise ist es damit mit der monatlichen Kolumne aus.
Nach zehn Jahren und 150 Beiträgen in Deutsch und Französisch wird es Gewissheit: Es ist an der Zeit aufzuhören. An meinem neunzigsten Geburtstag erscheint diese Kolumne zum letzten Mal.
Es waren bedeutende Jahre von 2013 bis 2023. Beim Zurückblicken geht mir auf, wie sehr sich alles in dieser Zeitspanne verändert hat. Wesentlich heftiger als in den Dekaden davor. Pandemien, Kriege und ein enormer technischer Fortschritt. Ich hatte in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, über die Gegenwart nachzudenken. Das Ergebnis heute: Ich verstehe sie kaum mehr. Mehr Fragen als Antworten liegen herum. Um Geschichten zu schreiben, ist die Zeit für mich vorbei.
So viel bis hierher.
Jetzt möchte ich mich bedanken. Sie liebe Leserin, lieber Leser haben mir viel zurückgegeben. Danke für die vielen Gespräche und Kommentare. Danke den vielen Menschen, die mir im Hintergrund zugedient und geholfen haben. Meine Tochter Susanna, die als strenge Lektorin dafür sorgte, dass die Logik im Wortfluss meiner Gedanken nicht verloren ging. Und meinem Web-Master, Andreas Lautenschlager, der immer einen Ausgang aus dem Irrgarten der künstlichen Intelligenz fand.
Für die französischen Übersetzungen war in den ersten Jahren mein treuer Freund Hans Rhyn in Paris zuständig. Später übernahm Edmond Berrang, mein Schwiegersohn, diese Arbeit. Ohne sie beide wäre es beim Deutsch geblieben. Dank dieser Übersetzungsarbeit haben viele französischsprachige Verwandten und Bekannten die Möglichkeit bekommen, meine Aufsätze in ihrer Muttersprache zu lesen.
Und nun muss ich für diesen letzten Blog ein Ende finden.
Mit den Kolumnen ist es aus. Die Website aber bleibt bestehen. Damit bleiben alle Texte und alle Kommentare im Internet erhalten.
Vermutlich wird mich völlig ungeplant wieder einmal die Lust überfallen, das eine oder andere zu publizieren.
Sicher jedoch nicht mehr periodisch am 22. eines jeden Monats.
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