Wellen

Der Herbst ist dieses Jahr besonders strahlend. Die Wälder wechseln ihre Farbe.

Die Farbpalette ändert von dunkelgrün zu hellgrün, zu orangegrün und zu goldgelb. Der Lützelsee, ein kleines Voralpenseelein nahe bei Hombrechtikon liegt spiegelglatt vor dieser Farbenpracht. Ein Gemälde wie es Spitzweg nicht schöner hätte malen können. Stahlblauer Himmel, der gelbgrüne durchmischte Wald und eine unbewegliche Wasserfläche. Staunend stehe ich da, einige Kieselsteine in der linken Hand. Ich kann nicht anders. Ich bin wieder der kleine Junge und werfe ein Steinchen auf die Wasseroberfläche. Das Stillleben wird lebendig. Der Ausblick verändert sich. Kreisrunde Wellen streben dem Ufer entgegen. Immer grösser werden die Kreise. Bis sie, müde geworden, in sich zusammenfallen. Die glatte Wasserfläche hat sich wieder gebildet und glitzert in der Sonne.

Mein Mobiltelefon klingend. Es reisst mich aus dieser romantischen Idylle heraus. Das stört. Auf dem Bildschirm taucht ein Foto auf. Eine Pizza auf der Piazza von Locarno. Die moderne Art, auf der Ferienreise «guten Appetit» zu wünschen. Ärgerlich stelle ich mein Handy ab und werfe gleich zwei Steine ins Wasser. Ein völlig neues Bild entsteht. Zwei Wellenkreise streben aufeinander zu. Sie überlagern sich und geben ein Muster, wie wenn man ein kariertes Tischtuch über eine grosse Kugel gespannt hätte. Das ist zwar eindrücklich, aber die Freude von vornhin ist weggeblasen. Mein Telefönchen hat sich lästig aufgedrängt und bringt mich gedanklich in eine völlig andere Welt von Wellen und Schwingungen.

Seit 1985 benütze ich Mobiltelefone. Damals im G1/B-Netz. Der Fernsprecher war alles andere als mobil. Hörer und Mikrofon waren so gross wie ein Brotlaib eines Kilos Gewicht. Das Sende- und Empfangsteil füllte knapp den halben Kofferraum. Die Anlage wog mehr als 15 Kilo. Telefonieren konnte ich nur im Auto. Es gab wenige Antennen längs der Autobahn. Die Gespräche wurden oft unterbrochen. Die ganze Einrichtung kostete mehr als eine Schiffspassage für eine Kreuzfahrt in die Karibik. Unbegreiflich heute im Zeitalter des Smartphones. Damals war das der Stand der Technik und eine grosse Hilfe für die Ausübung meines Berufs. Auf den vielen Fahrten, die meine Arbeit erforderten, konnte ich die Zeit in diesem fahrenden Büro genauso gut nutzen, wie wenn ich am Schreibtisch im Büro gesessen hätte. Unter der Voraussetzung, das Auto wurde von einem Chauffeur gesteuert.
In der Schweiz waren rund 5000 solcher drahtlosen Verbindungen im Einsatz. Das war die Geburtsstunde der telefonischen Mobilfunktechnik. Heute, bald 40 Jahre später, nutzen neun von zehn Personen in der Schweiz ein Handy. Damit alle zur gleichen Zeit miteinander verkehren können, braucht es ein flächendeckendes Mobilfunknetz. Mit dem Ausbau mit G5 ist das demnächst erreicht. Von Reckingen bis Moutier kann jedermann störungsfrei telefonieren, Meldungen senden und diese mit Fotos garnieren. Alles läuft per Funk, alles mit elektromagnetischen Wellen. Genau wie der Fernsehapparat, der per Fernsteuerung eingeschaltet wird. Genau wie das elektrische Licht auf dem Vorplatz des Hauses mittels eines Bewegungsmelders hell erleuchtet wird. Die Eingangstüre zum COOP, die geöffnet wird, wenn jemand sich nähert. Auch Musik kommt auf Wellen in meinem Kopfhörer daher. Drucker, Tastatur und Maus wissen längst nicht mehr, was Kabelsalat ist.
Noch vor zwei, drei Dezennien wurden die meisten Informationen über Kupferdraht übermittelt. Heute wird fast alles per Funk erledigt. Wären diese unsichtbaren Wellen Wasserwellen, wir wären hoffnungslos überflutet. Nicht zu vergessen, dass wichtige Sinnesorgane wie Ohren und Augen seit jeher auf Schwingungen angewiesen sind. Die meisten dieser Wellen sind für unseren Organismus kaum schädlich. Es gibt aber welche, die nicht so harmlos sind. Für die Bekämpfung von Krebsgeschwüren werden nicht nur der Tumor, sondern auch die gesunden Körperzellen in Mitleidenschaft gezogen. Auch sollte der menschliche Körper den Röntgenstrahlen bei der Untersuchung kranker Organe nicht allzu lange ausgesetzt werden. Ganz gefährlich ist der radioaktive Ausfall. Wie in Tschernobyl sichtbar vor Augen geführt, werden viele Hektaren fruchtbaren Erdbodens für Jahrzehnte unbrauchbar gemacht. Die gute Nachricht ist: Man kann davon ausgehen, dass Wissenschaft und Medizin über die Strahlenbelastung des menschlichen Körpers auf dem Laufenden sind. Inzwischen ist der Nutzen von elektromagnetischen Schwingungen nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. In der Medizin werden Tumore geheilt. Lungen durchleuchtet. Wir sind sehr lange schon von Wellen umgeben. Bereits anfangs des 19. Jahrhunderts kamen die Radiowellen auf. Sie ermöglichten den Informationsaustausch drahtlos mit Schiffen, Flugzeugen und Gasballonen. Die globale Mobilität hatte damit begonnen.

Vor nicht allzu langer Zeit berichteten die Medien über mögliche gesundheitliche Gefahren durch Wellenbestrahlung. Genau wissen wir nicht, wie effektvoll der Funk den menschlichen Organismus in Beschlag nimmt. Heute benützen 90% aller Personen in unserem Land dauernd ihr Smartphone. Der medizinische Einfluss ist heute nicht messbar. Und doch! Ein Lehrer berichtete mir neulich, dass die Schüler nervös, kribbelig und unaufmerksam würden, wenn der erste Schnee im Anzug sei. Kurz vor einem drohenden Gewitter nimmt mich eine unerklärliche Nervosität gefangen. Wenn Blitz und Donner dann verzogen sind, komme ich mir regelrecht geläutert vor. Eine Nachbarin hat eine Methode, beim Hütedienst ungeduldig und störend gewordene Enkel zur Räson zu bringen. Sie schickt sie barfuss in den Garten auf den Rasen. Die «Jungen erden», nennt sie das. Früher brauchte jedes Radio eine Erdung. Warum nicht auch die Kinder so zu Ruhe bringen? Es braucht eine halbe Stunde bis die Rasselbande sich in wohlerzogene, folgsame Kinder, welche der Grossmutter aufs Wort folgen, verwandelt hat.

Der Lützelsee ist in eine grosse Weidelandschaft eingebettet. Ich werfe die letzten Kiesel ins Wasser. Ziehe meine Schuhe und meine Socken aus und laufe langsam barfuss zu meinem Auto. Die Heimfahrt über farbige Haine und Auen gestaltet sich so entspannt wie bei einem Sonntagsspaziergang.

An der Erdung des Menschen muss doch etwas dran sein.

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Vagues

L’automne est particulièrement radieux cette année. Les forêts changent leurs couleurs.

La palette de couleurs passe du vert foncé au vert clair, au vert orangé et au jaune doré. Le lac de Lützel, un petit lac situé dans les contreforts des Alpes près de Hombrechtikon, est lisse comme du verre face à cette explosion de couleurs. Un tableau que Spitzweg n’aurait pu peindre plus somptuement. Un ciel bleu d’acier, une forêt de jaunes-verts entremêlés et une surface d’eau parfaitement immobile. Je reste là, sidéré, quelques cailloux dans ma main gauche. Je ne peux pas m’en empêcher. Je suis à nouveau le petit garçon jetant des cailloux sur la surface de l’eau. La nature morte prend vie. La perspective change. Des vagues concentriques confluent vers le rivage. Les cercles deviennent de plus en plus grands. Jusqu’à ce que, fatigués, ils s’effondrent. La surface de l’eau se lisse à nouveau et scintille au soleil.

Mon portable tintinnabule et m’arrache de cette idylle romantique. C’est dérangeant. Une photo s’affiche à l’écran. Une pizza sur la Piazza de Locarno. La façon moderne de dire “bon appétit” lors d’un voyage de vacances. Agacé, je pose mon portable et jette immédiatement deux pierres dans l’eau. Une image complètement nouvelle se constitue. Deux cercles d’ondes se déplacent l’un vers l’autre. Ils se chevauchent et forment un motif, comme une nappe à carreaux tendue sur une grande sphère. C’est certes impressionnant, mais la joie d’auparavant s’est estompée. Mon petit téléphone s’est imposé avec agacement et m’entraîne mentalement dans un tout autre monde d’ondes et de vibrations.

J’utilise des téléphones portables depuis 1985. A cette époque, c’était le réseau G1/B. Le téléphone était tout sauf mobile. Le combiné avec microphone était aussi gros qu’une miche de pain d’un kilo. La partie émission et réception remplissait juste la moitié de la malle arrière. L’équipement pesait plus de 15 kilos. Je ne pouvais passer des appels téléphoniques que depuis la voiture. Il y avait peu d’antennes le long de l’autoroute. Les appels étaient souvent interrompus. L’ensemble de l’installation coûtait plus qu’un billet de passage pour une croisière aux Caraïbes. Inconcevable aujourd’hui à l’ère du smartphone. À l’époque, c’était le nec plus ultra de la technologie et m’avait beaucoup assisté dans la réalisation de mon travail. Lors des nombreux déplacements qu’exigeait mon emploi, je pouvais utiliser le temps passé dans ce bureau itinérant aussi efficacement que si j’avais été assis à mon bureau. A la condition que la voiture fut conduite par un chauffeur.
Environ 5000 connexions sans fil de ce type étaient utilisées en Suisse. C’était la naissance de la technologie du téléphone mobile. Aujourd’hui, près de 40 ans plus tard, en Suisse, sur dix personnes, neuf utilisent un téléphone portable. Pour que tout le monde puisse communiquer entre eux en même temps, il faut un réseau national de radiocommunications mobiles. Avec l’expansion du 5G, cet objectif sera bientôt atteint. De Reckingen à Moutier, chacun pourra passer des appels téléphoniques, envoyer des messages et y ajouter des photos. Tout fonctionne par radio, tout avec des ondes électromagnétiques. Tout comme le téléviseur, qui s’allume à l’aide d’une télécommande. Tout comme la lumière électrique sur le parvis de la maison, qui est éclairée par un détecteur de mouvement. La porte d’entrée de la COOP qui s’ouvre lorsque quelqu’un s’approche. La musique m’arrive aussi par vagues dans mes écouteurs. L’imprimante, le clavier et la souris ne savent plus ce qu’est une salade de câbles.
Il y a seulement deux ou trois décennies, la plupart des informations étaient transmises par des fils de cuivre. Aujourd’hui, presque tout se fait par radio. Si ces vagues invisibles étaient des vagues d’eau, nous serions désespérément submergés. Sans compter que les organes sensoriels importants comme les oreilles et les yeux ont toujours dépendu des vibrations. La plupart de ces ondes sont peu nocives pour notre organisme. Mais il y en a qui ne sont pas si anodines. Lors de la lutte contre les tumeurs cancéreuses, non seulement la tumeur, mais aussi les cellules saines avoisinantes de l’organisme sont lésées. En outre, le corps humain ne doit pas être exposé trop longtemps aux rayons X lors de l’examen d’organes malades. Les retombées radioactives sont dangereuses. Cela a été visiblement démontré à Tchernobyl, de nombreux hectares de sol fertile sont rendus inutilisables pendant des décennies. La bonne nouvelle est la suivante: nous pouvons assumer que la science et la médecine se mettent à jour en ce qui concerne l’exposition du corps humain aux rayonnements. En attendant, il est impossible d’imaginer une vie sans les bienfaits des oscillations électromagnétiques. En médecine, on guérit les tumeurs. Les poumons sont radiographiés. Nous sommes entourés de vagues depuis très longtemps. Les ondes radio sont apparues dès le début du 19e siècle. Elles ont permis d’échanger des informations sans fil avec des navires, des avions et des ballons. La mobilité mondiale avait ainsi commencé.

Il n’y a pas si longtemps, les médias ont fait état de risques possibles pour la santé liés au rayonnement des ondes. Nous ne savons pas exactement comment les ondes radio affectent l’organisme humain. Aujourd’hui, 90 % des habitants de notre pays utilisent leur smartphone en permanence. L’influence médicale n’est pas encore mesurable aujourd’hui. Et pourtant! Un enseignant m’a récemment confié que les élèves deviennent nerveux, fébriles et inattentifs à l’approche des premières neiges. Juste avant un orage imminent, une nervosité inexplicable s’empare de moi. Quand le tonnerre et les éclairs ont passés, je me sens carrément clarifié. Une voisine a trouvé une méthode pour mettre au pas ses petits-enfants devenus impatients et perturbateur lors de la garde. Elle les envoie pieds nus dans le jardin sur la pelouse. Elle appelle ça „mettre les garçons à la masse“. Dans l’ancien temps, chaque radio avait besoin d’une mise à la terre. Pourquoi ne pas tranquilliser les enfants de la même manière? Il faut une demi-heure pour que les chenapans se transforment en gosses bien élevés et obéissants qui suivent leur grand-mère à la lettre.
Le lac de Lützel est encastré dans un vaste paysage de pâturages. Je jette les derniers cailloux dans l’eau. J’enlève mes chaussures et mes chaussettes et je marche lentement, pieds nus, jusqu’à ma voiture. Le trajet du retour à travers des bosquets et des prairies colorés est aussi détendu qu’une promenade dominicale.

Il doit bien y avoir quelque chose à la mise à terre.

 

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