Dieses Jahr endet die Jahrzahl auf drei. Was bedeutet, in diesem Jahr werde ich einen runden Geburtstag feiern. Neun Dekaden habe ich schon bald erlebt. So gehöre ich zur Minorität der noch lebenden Zeitzeugen vom zweiten Weltkrieg.
1933
In meinem Geburtsjahr kam Adolf Hitler an die Macht. Kaum zu glauben, damals galt er als der Mann, der Deutschland aus dem in der Weimarer Republik erzeugten Chaos befreien konnte. Als der Mann, der dem Reich seine Bedeutung und sein Ansehen zurückgeben konnte. Wie wir alle wissen, kam es ganz anders. Er liess ein in Trümmern liegendes, kaputtes Europa zurück.
1943
Das Glasperlenspiel von Hermann Hesse. Diesen letzten und umfangreichsten Roman, das Opus Magnum von Hesse habe ich erst eine Dekade später gelesen. Das Werk gehört immer noch zu einem meiner Lieblingsbücher. Sein Erzählstil und sein Satzbau sind faszinierend bis zum heutigen Tag. Die Lebensbeschreibung des Magister Knecht hat tiefe Spuren in meinem Gedächtnis und in meinem Leben zurückgelassen.
1953
Staudinger, Karrer, Ruzicka, Pauling, Werner, Wildstätter, Haber, Einstein, Debye, Kuhn, Prelog, Richard Ernst, Kurt Wüthrich. Alles Namen von Nobelpreisträgern, welche die Schweizer Forschungsgemeinde hervorgebracht hat. Viele davon habe ich persönlich gekannt. Leopold Ruzicka und Vladimir Prelog hatten mein Gesuch, Mitglied der Neuen Schweizerischen Chemischen Gesellschaft zu werden, mitunterzeichnet. Ich war sehr stolz, die Empfehlung von zwei Nobelpreisträgern anführen zu können.
1963
Papst Johannes XXIII, wegen seiner Volksnähe in der Öffentlichkeit «Il papa buono» genannt, war die grosse Hoffnung freiheitsliebender Katholiken. Mit dem zweiten Vatikanischen Konzil rief er zur pastoralen und ökumenischen Erneuerung auf. Die Liturgiereform, die Abschaffung der lateinischen Sprache und der liturgischen Gewänder standen zuoberst auf der Traktandenliste. Weg vom Latein, Einführung der Volkssprache und der Verzicht auf die Verwendung der Paramente. Ich bedaure diese Neuerungen. Für mich ein grosser Verlust. Die Messe hat damit ihre Mystik verloren. Alles wird plötzlich banal. Volksnähe war das Modewort. Wäre der römische Ritus noch in Kraft, die katholische Kirche hätte heute einen enormen Wettbewerbsvorteil im Kampf gegen leere Gotteshäuser.
1973
In Amsterdam wird das Van-Gogh-Kunstmuseum eröffnet. Vincent van Gogh hinterliess, als er mit 37 Jahren starb, etwa 900 Gemälde und 1100 Zeichnungen. Fürwahr ein umfangreiches Oeuvre. Es gibt viele Gründe, warum van Gogh für mich eine Bedeutung hat. In Holland geboren war der Künstler als Nationalheld omnipräsent. Seine Biografie beeindruckt mich. Seine Bilder strahlen eine besondere Kraft aus. Über 35 Selbstbildnisse von Vincent sind bekannt. In seinem Museum hängen sie alle, ungefähr in gleicher Grösse gemalt, nebeneinander aufgereiht. Jedes Mal, wenn ich in Amsterdam bin, mache ich einen Abstecher in den Saal der Selbstporträts. Von Mal zu Mal lerne ich beim Studium der Bilder Vincent van Gogh besser kennen.
1983
Uhrenmarke Swatch
Die Swatch wurde am 1. März 1983 in Zürich lanciert. Der Name entstand aus „Second Watch“.
Die Swatch hat die Welt der Uhren nachhaltig verändert. Und sie hat massgeblich zur Rettung der Schweizer Uhrenindustrie beigetragen. Die allerflachste Uhr aus Plastik. Das war ein Quantensprung. Ein Paradigmenwechsel in der historischen, präzisionsgepflegten Uhrmacherkunst. Die Rationalisierung der Fertigung von Armbanduhren am Fliessband war der wegweisende Strukturwandel in der Uhrenmetropole Biel. Die Fabrikation erfolgt komplett maschinell. Ein preisgünstiger Zeitmesser erobert die Welt. 200 bis 300 Millionen Swatch Uhren werden pro Jahr produziert. Jedermann kann sich jetzt mehrere Uhren leisten und sie als Accessoire der Garderobe anpassen. Die Armbanduhr mutierte zum Schmuckstück. Manche Liebhaber besitzen fünf bis sieben Swatch-Armbanduhren.
Aus einem grossen Fanclub wurde Swatch dank ihrem Bekanntheitsgrad zum gesuchtesten Sammlerobjekt. Als Zeitmesser trat sie in den Hintergrund.
1993
Luzern – Kapellbrücke in Brand
Am 18. August 1993 brach kurz nach Mitternacht auf der Kapellbrücke ein Feuer aus, dem rund zwei Drittel des Brückenoberbaus sowie die meisten Tafeln des Bilderzyklus zum Opfer fielen. Das Feuer war vermutlich auf einem der unter der Brücke vertäuten Boote ausgebrochen, die Brandursache wird aber bis heute kontrovers diskutiert. Die Brandkatastrophe löste weltweit emotionale Reaktionen aus, da mit der Brücke das Wahrzeichen der Stadt betroffen war. Innerhalb von nur acht Monaten wurde die Brücke wieder in Stand gestellt.
2003
Die Concorde wird eingestellt.Sie war das einzige Überschall-Passagierflugzeug im Linienflugdienst.
Der Direktionspräsident von ABB verliess sein Büro in Zürich-Oerlikon um sieben in der Früh. Mit dem Privatjet landete er in Paris. Stieg in die Concorde um und war um 11 Uhr in New York. Führte im Flughafen eine Besprechung. Nahm nachmittags dieselbe Maschine nach Paris zurück und war abends um sieben mit einem unterschiebenen Vertrag wieder in Zürich.
Solche Tripps von Superchefs fanden immer Bewunderung.
Der Erstflug der Concorde fand im März 1969 statt. Der Liniendienst startete im Januar 1976. Der letzte Flug im November 2003. Eigentlich war die Concorde ein Prestigeaushängeschild von Frankreich und England. Aber vor allem ein betriebswirtschaftlicher Flopp. Die Reichweite war für den internationalen Flugverkehr zu kurz. Die Wirtschaftlichkeit im Betrieb kam nie über eine rote Null hinaus. Die technische Sensation verursachte blutrote Spuren in den Bilanzen der Air France und der Britsch Airways. Der ohrenbetäubende Lärm bei Start und Landung sorgte für Anfechtungen in der Presse und an der Börse. Viele Flughäfen erteilten dem Supervogel keine Landerlaubnis.
Den Todesstoss erlebte das technische Wunderwerk im Juli 2020. Kurz nach dem Start in Paris stürzte die brennende Maschine ab. Erstaunlich, die Concorde, eine echte Fehlkonstruktion, war mehr als 25 Jahre im Dienst.
2013
Die Forelle ist der Fisch des Jahres. Über die Forelle habe ich im Blog vom Januar 2021 bereits einmal berichtet.
Die Forelle ist der beliebteste Fisch der Schweiz. Und auch einer der häufigsten.
Forellen können durch ihre beeindruckende ökologische Flexibilität ein breites Spektrum an Lebensräumen bewohnen. In der Schweiz findet man die Fische in reissenden Bächen im Gebirge, in Voralpenflüssen oder in Mittellandseen. Es ist nicht erstaunlich, dass sie bis ins 20. Jahrhundert als einer der wichtigsten Fische in der Freizeitfischerei galt.
Ab dem Neujahrstag war im Wallis der Fischfang mit der Angelrute eröffnet. Onkel Hans und ich waren Jahr für Jahr am Berchtoldstag mit allem Fischerzeug an den Ufern des Rotten und der Wildbäche des Bezirks auf Pirsch. Der Wettbewerb war ausgelöst. „Wer bringt die erste Forelle im Neuen Jahr auf den Tisch?“
2023
Das Jahr ist noch jung. Was wird es wohl bringen? Viel wissen wir noch nicht. Sicher ist, auch den 22. August…
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