Präzision

Eine unvergessliche Lektion in Sachen Präzision erhielt ich von meinem Schulkommandanten in der Rekrutenschule.
»Wenn Sie um 10:00 aufs Kompaniebüro kommandiert sind, müssen Sie sich drei Minuten vorher im Gang vor der Türe einfinden. Dann ordnen Sie ihre Gedanken und bereiten sich auf das Gespräch vor. Punkt 10 Uhr klopfen Sie an, treten Sie ein und melden sich an. Das ist Pünktlichkeit im Militär«. Und Präzision im Leben, fügte ich in Gedanken hinzu.
Diese Lehre ist heute noch in meinem Gedächtnis eingraviert. Sie wird in grossen Teilen von Europa und besonders in der Schweiz peinlich genau angewendet. Zur Erinnerung einige Beispiele.
Die vielen Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs fahren nach einem dichten Fahrplan und sind auf die Minute, zur genannten Zeit am Ort der Bestimmung. Eine Pünktlichkeit, nach der man seine Uhr richten könnte. Was heute natürlich nicht mehr nötig ist. Werden doch viele unserer Uhren von einem Zeitzeichensender per Funk mehrmals im Tag nachgerichtet. Und dies präzis und zeitgerecht.
Bereits im 19. Jahrhundert wurde die Schweizerpräzision unter Beweis gestellt.
Ab Frühling 1882 fährt die Gotthardbahn durch den Gotthardeisenbahntunnel. Damals mit seinen 15 Kilometer Länge, der längste Tunnel der Welt. Das Loch durch das Gotthardmassiv der Alpen wurde von Süden aus Airolo und von Norden aus Göschenen in Angriff genommen. Mit viel Einsatz von Menschenkraft, mit Schlagbohrmaschinen und einer Million Kilogramm Dynamit wurden beide Stollen, der eine von Süden, der andere von Norden, vorangetrieben. Ende Februar 1880 erfolgte der eigentliche Durstich. Die beiden Baustellen trafen aufeinander. Die Abweichungen der Vermessung waren vernachlässigbar klein. Betrugen sie doch seitlich nur 33 Zentimeter und in der Höhe bloss 5 Zentimeter. Das war eine Meisterleistung der damaligen Ingenieurs- und Vermessungstechnik. Mit einfachen Instrumenten, dem Messband und dem Theodoliten, ohne Laser, ohne GPS wurde diese Genauigkeit erreicht. Präzision vom Feinsten. 5 Zentimeter daneben auf 750´000 Zentimeter Tunnelstrecke. Besser denn 0,01 Promille!
Uns Schweizern wurde die Präzision mit der Muttermilch eingegeben.
In der Schule musste der Titel eines Aufsatzes mit einem Lineal, genau mit einem Zwischenraum eines Viermillimeterhäuschens unterstrichen werden.
Im Werkunterricht mussten die Seitenwände einer Schuhputzkiste im rechten Winkel genau zusammenpassen. Wir wurden zur Präzision erzogen, bis wir sie im Blut hatten. Heute noch, sind wir stolz darauf.
Da besteht die Gefahr überheblich zu werden. Massvolle Bescheidenheit wäre hier am Platz. Präzision über alles ist eben nicht alles! Die strickte Genauigkeit hat, wie vieles im Leben, auch eine Kehrseite. Von ihr wird viel zu wenig gesprochen. Es braucht auch Toleranz und Augenmass. Toleranz bedeutet in diesem Zusammenhang, Präzision mit vertretbaren Abweichungen. Diese sind dann ihrerseits wieder präzis definiert. Wenn in allen Lebenslagen zu fest auf höchste Präzision gepocht wird, führt das zur Starre und zur Unbeweglichkeit, letztendlich zur Kreativitätslosigkeit. Präzision sollte nur dort zur Anwendung kommen, wo sie wirklich gebraucht wird. So präzise wie nötig und nicht so präzise wie möglich.
Zehn Minuten zu spät ins Kino ist immer noch gut. Der Hauptfilm beginnt erst nach den Vorschauen und Reklamen, welche knapp 20 Minuten in Anspruch nehmen. Beim Kauf eines T-Shirt welches eine Nummer zu gross ist, kann man immer noch gut aussehen.
An den Hochschulen und in den Studentenverbindungen trifft man heute noch das Akademische Viertel bei Zeitangaben an. Im Vorlesungsverzeichnis steht, dass die Lektion um 11 Uhr beginnt. In Wirklichkeit startet die Vorlesung um 11 Uhr 15. Diese Gewohnheit stammt aus den Anfängen des Universitätsbetriebs. Über viele Jahrhunderte fand der Unterricht in den Privaträumen der Professoren statt, die verstreut in der Universitätsstadt lagen. Das wesentliche Zeitmass in den Städten bestimmte sich nach dem Glockenschlag der Turmuhren und später des Stundenschlags der Wanduhren. Nach dem Stundenschlag hatten die Studenten noch Zeit, den Weg zu den Lehrveranstaltungen zurückzulegen. Ein guter Trick um Toleranz und Präzision unter einem Hut zu bringen.
In einer Firma in London, die zu unserem Konzern gehörte, erschien der Chef konsequent präzis eine Viertelstunde später als eingeladen zur Sitzung. Alle Beteiligten wussten das und erschienen innerhalb dieser viertelstündlichen Karenzzeit, zwischen 10 Uhr und 10 Uhr 15. So hatte man noch einen Augenblick Zeit ein paar Worte mit den Kollegen zu wechseln. Sogar noch einen Moment, ein strategisches Vorgehen abzusprechen, um ein Traktandum durchzubringen.
Es geht auch anders. Das erlebte ich mit einer Firma die unser Konzern in Brasilien hatte. Ich besuchte den Betrieb alle vier Monate. Immer wurde ich auch ausserhalb der Arbeitszeit bei Freunden zum Abendessen eingeladen. »Komm um 20 Uhr vorbei« lautete die Einladung. Wehe dem Gast der präzis zur vorgegeben Zeit an der Haustüre klingelt. Er würde den Hausherrn unter der Dusche überraschen und die Gastgeberin in der Küche mächtig stören. In Brasilien bedeutet »Komm um acht vorbei« »Ja nicht vor Viertel vor neun.« Hätten mich meine brasilianischen Schweizer nicht ins Bild gesetzt, ich wäre präzis in diese Zeitfalle getreten.
Dass ein Produktionsroboter in einer Autofabrik genau und präzis arbeiten soll, ist eine unverrückbare Bedingung. Dass die Teilnehmer des öffentlichen Verkehrs den Fahrplan genau einhalten, ist sehr angenehm, aber keineswegs ein Muss. Es kommt immer wieder zu Verspätungen. Ärgerlich vielleicht, aber kein Drama.
Tatsache ist, dass in allen Kulturen Normen darüber existieren, was »pünktlich« und was »zu spät« ist. Wie präzise man eine Verabredung einhalten soll. Ab wann Menschen Verspätung als unhöflich empfinden, ist höchst unterschiedlich. Wir Schweizer erweisen uns da in interkulturellen Vergleichen als besonders empfindlich. Hierzulande erscheint den meisten ein Viertelstündchen als gerade noch akzeptierbar.
Wer souverän sein will, muss pünktlich sein.
Das Leben ist ein Mix aus Achtsamkeit und Augenmass. Das abzuwägen ist eine Fähigkeit welche zur schönen Lebensgestaltung führt. Vorausgesetzt man ist bereit, die Verantwortung für den getroffenen Beschluss zu übernehmen.  

Genau sein, wenn es darauf ankommt, locker sein, wann immer es geht.

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Précision

 

 

 

 

C’est à l’école de recrues que mon commandant m’ a donné une directive inoubliable à ce sujet.“Lorsque vous êtes convoqué au bureau de la compagnie pour 10:00, il faut vous rendre au couloir devant la porte trois minutes avant. Vous aurez le temps de vous concentrer sur l’entretien à venir. A 10 heures précises vous frappez à la porte, entrez et vous présentez. Voilà ce que c’est que la ponctualité militaire”. Et la précision dans la vie courante, ai-je ajouté en pensée.Cet enseignement reste gravé dans ma mémoire jusqu’à ce jour. Il est appliqué rigoureusement dans une grande partie de l’Europe et surtout en Suisse. Voici quelques exemples pour mémoire
Les nombreux véhicules des transports en commun respectent leurs horaires chargés et se présentent aux destinations prévues à la minute près. Une ponctualité qui pourrait servir à régler sa montre. Ce qui n’est d’ailleurs plus nécessaire puisqu’une grande partie de nos montres est désormais ajustée par transmission radio plusieurs fois par jour. Précise et ponctuelle.
La précision suisse a fait ses preuves dès le 19. siècle.
Depuis le printemps 1882 les trains traversent le tunnel du St. Gothard. Avec sa longueur de 15 km le tunnel le plus long du monde de cette époque. L’excavation à travers le massif alpin du St. Gothard fut lancée au sud à Airolo et au nord à Göschenen. A l’aide de beaucoup de force humaine, de perceuses à percussion et un million de kilogrammes de Dynamite, les deux galeries furent creusées simultanément. Le percement proprement dit a eu lieu à la fin février 1880. Les deux chantiers se sont rejoints. Les déviations de mesurage furent négligeables. En effet, les différences n’étaient que de 33 centimètres en largeur et 5 centimètres en hauteur. Un chef-d’œuvre d’ingénierie et de technique de mesurage de ces temps-là. Cette précision fut obtenue avec des instruments simples, le mètre ruban et le théodolite, sans Laser et GPS. De la précision au niveau le plus raffiné. 5 centimètres de décalage sur 750’000 cm de longueur de tunnel, soit moins de 0.01 pour mille.
Nous autres Suisses avons reçu le culte de la précision avec le lait maternel. A l’école, le titre d’une rédaction devait être souligné à la règle à une distance exacte d’un carré de quatre millimètres. Aux travaux pratiques, les parois d’une caisse de cirage devaient s’ajuster exactement à angle droit. Nous avons été habitués à la précision jusqu’à ce qu’elle nous passe dans le sang. Nous en sommes fiers encore aujourd’hui.
Le risque de devenir prétentieux nous guette. Une certaine modestie serait souhaitable. La précision au-dessus de tout n’est pas le summum! L’exactitude stricte a, comme beaucoup de choses dans la vie, un revers de médaille. On en parle d’ailleurs trop rarement. Il faut aussi de la tolérance et de la jugeote. Dans ce contexte, tolérance signifie précision avec des écarts acceptables. Lesquels sont de leur côté définis avec précision. En insistant trop sévèrement sur une précision maximale en toutes circonstances, on aboutit à l’inertie, l’immobilisme et finalement à l’absence de créativité. Limiter la précision aux situations qui la nécessitent. Aussi précis que nécessaire et non aussi précis que possible.
En allant au cinéma, un retard de dix minutes n’est pas grave. Le grand film ne commence qu’après les bandes-annonce et la publicité qui durent dans les 20 minutes. Lors de l’achat d’un T-shirt d’une unité de taille trop grande on a des chances de rester présentable.
Aux universités et les corporations d’étudiants on trouve encore le quart d’heure académique traditionnel. D’après le programme des cours la leçon débute à 11 heures. En réalité elle commence à 11 h 15. Cette habitude date des débuts de l’enseignement universitaire. Pendant des siècles, les séances eurent lieu dans les locaux privés des professeurs, répandus dans la ville universitaire. La référence horaire dans les villes fut le son de cloche des tours de l’horloge et, plus tard, des horloges murales. Après le coup horaire, les étudiants disposaient du temps nécessaire pour rejoindre le lieu de l’enseignement. Une bonne façon de concilier précision et tolérance.
A Londres, dans une société qui faisait partie de notre groupe, le chef faisait son apparition aux réunions systématiquement avec exactement un quart d’heure de retard. Tout le monde le savait et les gens concernés arrivaient pendant ce délai de carence d’un quart d’heure, entre 10 heures et 10 heures 15. Ils disposaient donc d’un moment pour échanger quelques mots avec les collègues. Même de quelques instants pour se mettre d’accord sur une stratégie visant à faire passer un sujet de l’ordre du jour.
Il y a donc d’autres façons qui fonctionnent bien. Je l’ai vécu au Brésil, dans une autre société de notre groupe. Je visitais cette entreprise tous le quatre mois. En dehors du travail j’étais toujours invité à dîner chez des amis. “Passe nous voir à 20 heures” disait l’ami. Malheur à l’invité qui sonne à la porte précisément à l’heure dite. Il surprendrait l’hôte sous la douche et dérangerait la maîtresse de maison importunément dans la cuisine. Au Brésil “passe à huit heures” veut dire “surtout pas avant neuf heures moins le quart”. Si mes amis suisses brésiliens ne m’avaient pas mis au courant, je serais tombe dans ce piège horaire avec précision.
Qu’un robot dans une usine d’automobiles travaille avec précision est une condition incontournable. Que les transports publiques respectent leurs horaires avec précision est agréable mais pas impératif. Des retards arrivent de temps en temps. Ennuyeux peut-être, mais pas un drame.
Le fait est que des normes existent dans toutes les cultures qui définissent les notions “ponctuel” et “trop tard”. Avec combien de précision il faut respecter un rendez-vous. Il y a de grandes différences dans la limite à partir de laquelle on ressent un retard comme malpoli. En comparaison avec d’autres cultures nous autres Suisses apparaissons comme particulièrement sensibles. Dans notre pays, les habitants considèrent un petit quart d’heure comme tout juste acceptable.
Pour être sûr de soi il faut être ponctuel.
La vie est un mélange de vigilance et de jugeote. L’aptitude à trouver l’équilibre mène à la belle vie. A condition d’être prêt à engager sa responsabilité pour les décisions prises. 

Etre précis quand il le faut, détendu dès que c’est possible.

 

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