Klopfgeist

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten wir in Freiburg im Üchtland. Unsere Ferien verbrachten wir regelmässig, gerne und oft im Wallis, in Leuk-Stadt.
Während des Krieges war unsere Familie von Den Haag nach Leuk gezogen. Die Leserinnen und Leser erinnern sich an meine Kolumne «Ökonomie» vom Juni 2017. Die Männer, mein Vater und meine Onkel, leisteten ihren aktiven Militärdienst. Sie standen in Bersial am Simplon, an der Grenze.
Der Umzug aus der Diplomatenstadt holländischer Sauberkeit, zum im Zerfall begriffenen alten Aristokatenstädtchen Leuk in den Walliser Alpen, konnte kontrastreicher nicht sein. In Leuk herrschte – trotz Krieg – tiefer Friede. Der Alltag trottete wie eh und je vor sich hin. Man wähnte sich im Mittelalter. Alte, zum Teil verfallene Herrschaftssitze, Staubstrassen, kaum fliessendes Wasser im Haus, Kehrrichtabfuhr nur zweimal im Jahr, kurz vor Weihnachten und kurz vor Ostern. Eine grosse Turmuhr, die von Hand aufgezogen wurde, diente als einzige, öffentliche Zeitangabe.
Täglich zog der Bannenführer mit seinem beladenen Maulesel aus dem Tal hinauf. Beide machten Rast vor dem Hotel Post. Der Esel unter der Linde, der Meister bei einem Ballon Fendant in der Wirtschaft.
In Leuk  bestand die Elite aus dem Pfarrer, dem Arzt, dem Oberlehrer und dem Stadtpräsidenten. In dieser hierarchischen Reihenfolge. Alle Bewohner kannten alle mit Namen. Man begrüsste sich, wenn man sich im Freien begegnete. Jeder kontrollierte jeden. Die Gerüchtebörse florierte. Interessante Geschichten und Gerüchte über die wichtigen Familien machten die Runde. Das war der Kitt, der die Gesellschaft zusammen hielt.
Für Robi, meinen Bruder, und mich war Leuk-Stadt ein Paradies. Dort herrschte Ordnung. Dort fühlten wir uns dazugehörend. Dort fühlten wir uns geborgen. Dort waren unsere Freunde. Dort waren unsere Verwandten. Wen wundert es, dass wir uns in Fribourg danach sehnten, in Leuk die Ferien zu verbringen.

Die Familie von Werra war intern genauso patriarchal organisiert wie die Gemeinde. Chefin des Clan war eindeutig und unbestritten die Grossmutter Henriette. Alle nannten sie Grand’maman. Sie war eine starke Frau mit klaren eindeutigen Prinzipien. Sie stammte aus der Hauptstadt Sion. Entsprechend war die Alltagssprache im Haushalt französisch. Nur mit dem Personal sprach Grand`maman deutsch. Der tägliche Arbeits- und Freizeitsablauf war – auch für uns Jungen – sauber geregelt. Da die Männer oft monatelang im Militär waren, erteilte Grand’maman die Aufträge für den kommenden Tag. Das geschah beim Frühstück. Der morgendliche Ort der Begegnung und des Gedankenaustausches.
Eines Morgens fragte Grand’maman mich, ob ich den Klopfgeist auch gehört hatte. Klopfgeist? Ich schüttelte den Kopf. »Dein Bett befindet sich genau über der grossen Trotte. Dort wo der Wein gepresst wird und der Schnaps gebrannt wird. Dort wo der junge Wein vor sich hin reift.« »Nein, nicht gehört.« sagte ich, mein Brot kauend. »Ich schon«, erwiderte sie,«Um Mitternacht klopft es, wahrscheinlich mit dem Holzhammer, an einem leeren Fass. Das muss eine arme Seele sein, die aus dem Fegefeuer erlöst werden möchte.«
Sobald ich meine Arbeiten in Stall und Garten erledigt hatte, schlich ich in den Weinkeller. Im Sommer ist dort wenig los. Alles stand an seinem Platz. Der Geruch von gärendem Wein hing in der Luft. Und siehe da, auf einem grossen leeren Weinfass lag der Holzhammer. Er wurde benutzt, um den Fasshahn im Herbst anzuschlagen. Mit ihm wurde der junge Wein abgezogen, damit er umgefüllt werden konnte.

Abends im Bett lauschte ich aufmerksam den Geräuschen. Nichts besonderes regte sich. Nur die üblichen Töne. Das Rütteln der Ketten im Kuhstall. Ein einsam blöckendes Schaf. Geraschel im Schweinestall, sonst Totenstille. Bis, ich war eingeschlafen, um Mitternacht ein dumpfes Klopfen unter meinem Bett mich weckte. Das musste der Klopfgeist sein. Bald schlief ich wieder ein.
Beim Frühstück hatte ich meinen Auftritt. »Ich habe den Klopfgeist gehört, diese Nacht!« »Eben«, war die kurze Antwort meiner Grossmutter. »Hier hast Du zehn Franken. Geh zum Kaplan und bitte ihn, eine Messe zu lesen. Zum Kaplan, nicht zum Pfarrer, der ist reich genug.« Gesagt, getan. Nach dem Botengang ging ich wieder meinen Arbeiten in den Reben und im Baumgarten nach. Den Klopfgeist hatte ich vergessen. Auch nachts wurde ich nicht mehr wach geklopft.
Zwei Tage später stellte die Frühstücksrunde fest, dass wir die arme Seele aus dem Fegefeuer erlöst hatten. Die Klopferei hatte ein Ende. Mir liess das keine Ruhe. Wie kann der Geist eines Verstorbenen, gerade um Mitternacht in den Weinkeller kommen und dort Klopfsignale abgeben? Etwas stimmte da nicht.

Viele Jahre später, ich war schon im Gymnasium, als Legenden und Sagen im Unterricht besprochen wurden, kam mir der Klopfgeist von Leuk wieder in den Sinn. Da ging mir die Walliser Landschaft wieder durch den Kopf. Dieses geschlossene Tal in dem es von Geistergeschichten, Sagen und Legenden nur so wimmelte. Seit dem Mittelalter werden sie von Familie zu Familie überliefert. Gut erinnere ich mich an die langen Winterabende, an denen die Grossen uns mit ihren Spukgeschichten Angst einjagten. Auch jetzt geht mir noch ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie diese armen Seelen nachts über Felder und Moorlandschaften gespenstern.

Dabei wissen Gymnasiasten im Flegelalter ja bekanntlich alles und alles besser. Die Aufklärung mit Renatus Cartesius und seinem »Cogito ergo sum« hatten wir auch schon hinter uns. Diese Spukerei gibt es doch nicht. Sie stammte aus der dunkelsten Vergangenheit. Aus der Zeit des Ancien Régime. Der Zeit als die Kirche mit der Hölle drohte, Alltagstrott langweilig, geregelt und monoton war. In diesem Milieu, in dem Aberglaube und Wissen so nahe beieinander wohnten, waren die armen Seelen nichts anders als wichtige Darsteller in diesen Gruselmärchen. Nette Geschichten, interessante Literatur. Weiter nichts.

Und doch hatte ich den Klopfgeist wirklich gehört.

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Tapageur

 

Après la deuxième guerre mondiale nous habitions à Fribourg. Nous passions nos vacances régulièrement, souvent et avec plaisir au Valais, à Loèche-ville. Pendant la guerre, notre famille avait déménagé de Den Haag à Loèche. Les lecteurs se souviendront de ma chronique “Economie” de juin 2017. Les hommes, mon père et mon oncle, effectuaient leur service militaire actif. Ils étaient stationnés à Bersial au Simplon, à la frontière.

Le déplacement de la ville de diplomates d’une propreté toute hollandaise vers la vieille petite ville aristocratique de Loèche dans les alpes valaisannes, vouée à la dégradation, ne pouvait pas être plus contrasté. A Loèche régnait une paix tranquille, malgré la guerre. La vie au quotidien se déroulait calmement, comme de tout temps. On se serait cru au moyen âge. De vieux manoirs délabrés, rues poussiéreuses, guère d’eau courante dans les maisons, ramassage des ordures que deux fois par an, avant noël et pâques. Une grande horloge, remontée à la main, comme seule affichage publique de l’heure.

Le muletier montait tous les jours de la vallée avec son âne chargé. Tous les deux faisaient une halte devant l’hôtel de la poste. Le mulet sous le tilleul, le maître au bistro devant un ballon de Fendant.

A Loèche, l’élite se composait du prêtre, le médecin, l’instituteur et le maire. Dans cet ordre hiérarchique. Tous les habitants se connaissaient par leur nom. On se saluait en se rencontrant. Chacun veillait sur tout le monde. La bourse des rumeurs florissait. Des histoires et des bruits intéressants circulaient sur les familles importantes. C’était la colle qui tenait la société ensemble.

Pour mon frère Robi et moi-même, Loèche représentait le paradis. L’ordre y régnait. Nous nous sentions à notre place. Nous étions en sécurité. Auprès de nos amis. Auprès de notre parenté. Pas étonnant que nous attendions avec impatience nos vacances à Loèche.

La famille von Werra était organisée de façon aussi patriarcale que la commune. La chef incontestée de la tribu était la grand-mère Henriette. Tout le monde l’appelait grand’maman. Une femme forte avec des principes clairs et univoques. Elle était originaire de la capitale Sion. Par conséquent, la langue courante du ménage fut le français. Ce n’est qu’au personnel que grand’maman s’adressa en allemand. Le déroulement quotidien du travail et des loisirs était clairement réglé, même pour nous-autres jeunes. Les hommes étant souvent retenus par le service militaire pendant des mois, grand’maman distribuait les taches du jour à venir lors du petit déjeuner. L’occasion matinale de se rencontrer et d’échanger ses idées.

Puis un matin, grand’maman me demandait si moi aussi j’avais entendu le tapageur. Le tapageur? Je fis non de la tête. “Ton lit se trouve exactement au-dessus du grand pressoir. Là où le raisin est pressé et l’eau-de-vie distillée. Où le jeune vin mûrit tranquillement.” “Non, rien entendu” disais-je en mâchant mon pain. “Moi si” répondit-elle, “à minuit on frappe, probablement par un marteau en bois contre un tonneau vide. C’est sans doute une âme errante qui veut être libérée du purgatoire.”

Dès que j’avais terminé mes travaux au jardin et aux écuries je me faufilais dans la cave à vin. Un lieu tranquille en été. Tout se trouvait à sa place. L’air sentait le vin en fermentation. Et voilà le marteau en bois posé sur un grand tonneau vide. On l’utilisait en automne pour enfoncer les robinets dans les tonneaux. Dans le but de prélever le vin jeune et le transférer.

Le soir, dans mon lit, j’écoutais attentivement les bruits. Aucune rumeur particulière. Que les sons habituels. Les chaînes secouées à l’étable. Le bêlement d’un mouton solitaire. Des bruissements à la porcherie et rien d’autre. A peine endormi, je fus réveillé par un martèlement sourd sous mon lit. Ça devait être le tapageur. Je me rendormis paisiblement.

Au petit déjeuner je fis mont entrée en scène. “Cette nuit j’ai entendu le tapageur!” “Et voilà” fut la réponse brève de ma grand-mère. Voici dix francs. Va voir le vicaire et demande lui de lire une messe. Le vicaire et pas le prêtre qui est suffisamment riche. Aussitôt dit, aussitôt fait. La course exécutée, je retournais à mes travaux dans les vignes et le verger. J’avais oublié le tapageur. Je ne fus plus réveillé la nuit par aucun martèlement.

Deux jours plus tard, le cercle du petit déjeuner constata que nous avions libéré une pauvre âme du purgatoire. Le martèlement s’était arrêté. Mais le phénomène ne me laissait pas tranquille. Comment l’esprit d’un défunt pouvait-il accéder à la cave à vin, à minuit pile, et produire des signaux acoustiques? Quelque chose clochait.

 

Plusieurs années plus tard, alors que j’étais déjà au lycée, le sujet des légendes et contes fut traité en classe et me rappela le tapageur de Loèche. Je revis le paysage valaisan. Cette vallée close qui abonde en histoires d’esprits, contes et légendes. Qui se transmettent de famille en famille depuis le moyen âge. Je me souviens des longues soirées d’hiver pendant lesquelles les grands nous faisaient peur avec leurs histoires de fantômes. Encore aujourd’hui j’ai froid dans le dos quand je pense aux pauvres âmes qui errent dans les champs et les landes.

 

Pourtant il est connu que les lycéens à l’âge ingrat savent tout et savent mieux. L’explication par Renatus Cartesius et son “Cogito ergo sum” était également derrière nous. Evidemment, les fantômes n’existent pas. Ils proviennent du passé le plus sombre. Du temps de l’ancien régime. Du temps où l’église menaça avec l’enfer, où le quotidien fut ennuyeux, réglé et monotone. Dans ce contexte dans lequel la superstition et le savoir cohabitaient, les pauvres âmes furent que des acteurs importants des histoires d’épouvante. Des histoires plaisantes, de la littérature intéressante. Et rien d’autre.

N’empêche que j’avais réellement entendu le tapageur.

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